Mikrokalorimetrie

Charakterisierung der Wechselwirkungen und der Stabilität von Biomolekülen

Bei der Kalorimetrie werden Wärmemengenänderungen von chemischen Reaktionen oder physikalischen Vorgängen gemessen.

Die Kalorimetrie basiert auf der Tatsache, dass alle chemischen Reaktionen von einer Energieänderung begleitet werden, die i. d. R. mit einer Wärmeabgabe (exotherm) oder -aufnahme (endotherm) verbunden ist. Die Mikrokalorimetrie ist eine hochempfindliche Variante dieses Verfahrens. Dabei werden sehr geringe Wärmemengenänderungen in kleinen Probenvolumen gemessen, sodass das Verfahren auch für Biomaterialien geeignet ist.

Die Mikrokalorimetrie wird zur Untersuchung von Reaktionen mit Biomolekülen eingesetzt. Hierzu gehören Wechselwirkungen zwischen Molekülen und Konformationsänderungen wie die Proteinfaltung. Die Anwendungen reichen vom Nachweis der vorgesehenen Bindungsparameter bei der Entdeckung niedermolekularer Wirkstoffe (API) bis zur Entwicklung stabiler Biotherapeutika.

Diese Prozesse werden häufig mithilfe zweier kalorimetrischer Verfahren untersucht: der Isothermen Titrationskalorimetrie (ITC) und der Dynamischen Differenzkalorimetrie (DSC).

Isotherme Titrationskalorimetrie (ITC)

Die Isotherme Titrationskalorimetrie (ITC) wird zur Untersuchung des Bindungsverhaltens von Biomolekülen verwendet. Sie ist wichtig für die Entwicklung von Arzneimitteln und die Untersuchung und Regulation von Proteinwechselwirkungen. Bei der ITC erfolgt eine direkte Messung der Wärme, die bei einem biomolekularen Bindungsereignis abgegeben oder aufgenommen wird. Dies ermöglicht die genaue Bestimmung der Dissoziationskonstanten (KD), der Reaktionsstöchiometrie (n), der Enthalpie (∆H) und der Entropie (ΔS).

Die ITC wird für folgende Zwecke eingesetzt:

  • Quantifizierung der Bindungsaffinität
  • Kandidatenauswahl und -optimierung
  • Messung der Thermodynamik und der aktiven Konzentration
  • Charakterisierung des Wirkmechanismus
  • Nachweis der vorgesehenen Bindungspartner in der Erforschung niedermolekularer Wirkstoffe (API)
  • Bestimmung der Bindungsspezifität und Stöchiometrie
  • Validierung der IC50 und EC50 Werte beim Hit-to-Lead-Prozess
  • Messung der Enzymkinetik

Dynamische Differenzkalorimetrie (DSC)

Die Dynamische Differenzkalorimetrie (DSC) ist ein Verfahren zur Aufklärung der Stabilität von Proteinen und anderen Biomolekülen. Sie findet eine breite Anwendung in den Bereichen Protein-Engineering, rationales Wirkstoffdesign und biopharmazeutische Produktion, in denen die Entwicklung stabiler Proteine ein entscheidendes Ziel ist.

Die DSC ist ein wichtiges thermisches Analyseverfahren, bei dem die in einem Biomolekül auftretenden Wärmemengenänderungen während einer kontrollierten Erhöhung oder Erniedrigung der Temperatur gemessen werden. Sie ermöglicht die Untersuchung von Materialien in ihrem nativen Zustand.

Die DSC ermöglicht: 

  • Charakterisierung und Auswahl der stabilsten Proteine bzw. potenziellen Kandidaten in der Entwicklung von Biotherapeutika
  • Untersuchungen von Ligandenwechselwirkungen
  • Schnelle Optimierung der Reinigungs- und Herstellungsbedingungen
  • Einfache, schnelle Bestimmung der optimalen Bedingungen für Flüssigformulierungen
  • Schneller stabilitätsanzeigender Assay für Zielproteine, die zum Screening verwendet werden